Werkstatt-Eintrag am 30. Oktober 2017
Nach der Neuauflage des Handbuchs Qualitative Medienforschung (2017) ist nun auch der Tagungsband Auswertung qualitativer Daten (herausgegeben von Andreas M. Scheu) erschienen, in dem das Foucault-basierte Untersuchungsprogramm zur Ermittlung von Realitätskonstruktionen in Spielfilmen vorgestellt wird.
Der Beitrag schlägt vor, die diskurstheoretischen Überlegungen Michel Foucaults für die Untersuchung von Spielfilm-Inhalten und die Analyse der darin enthaltenen Realitätskonstruktionen heranzuziehen. Mit dieser Strategie zur Auswertung und Interpretation audiovisuellen Forschungsmaterials aus dem Bereich fiktionaler Unterhaltungsangebote ist das Ziel verbunden, das Medium Film für sozialwissenschaftliche Perspektiven und systematische Untersuchungsdesigns zugänglich zu machen. Da ein solches Vorhaben nicht ohne Grundkenntnisse auskommt, diskutiert der Beitrag zunächst, welche Aspekte der traditionellen Filmanalyse dafür von Bedeutung sein können und wie die Diskurstheorie Foucaults dabei hilft, die Vielzahl möglicher Analyseelemente zu strukturieren und das Ziel des hier vorgestellten Untersuchungsprogramms (die Ermittlung der in Spielfilmen enthaltenen Realitätskonstruktionen) nicht aus den Augen zu verlieren. Darauf aufbauend geht es anschließend um die methodische Umsetzung: um die Entwicklung eines theoretisch fundierten Kategoriensystems sowie um die Datenerhebung (vor allem: um das Erstellen von Filmprotokollen). Um Auswertung und Interpretation noch transparenter zu gestalten, veranschaulicht der letzte Abschnitt des Beitrags holzschnittartig am Beispiel des deutschen Spielfilms Kriegerin (2012, Regie: David Wnendt), was bei einer solchen von Foucault inspirierten, sozialwissenschaftlichen Filmanalyse herauskommen kann.
Thomas Wiedemann: Die Diskursanalyse als Verfahren einer sozialwissenschaftlichen Filmanalyse. In: Andreas M. Scheu (Hrsg.): Auswertung qualitativer Daten. Strategien, Verfahren und Methoden der Interpretation nicht-standardisierter Daten in der Kommunikationswissenschaft. Wiesbaden: Springer VS 2017, S. 177-189.