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Filme, die Geschichte machen

Bericht am 3. Februar 2017

Michael Verhoeven hielt am 31. Januar 2017 die „Weiße Rose Gedächtnisvorlesung“ im Audimax der LMU München. Sein Film über die Widerstandsgruppe, erklärte der vielfach ausgezeichnete Regisseur und Drehbuchautor, habe nicht nur eine Neuinterpretation der historischen Ereignisse nahegelegt, sondern sogar die Gesetzgebung zum Handeln motiviert.

 

Einmal im Jahr findet im Audimax der Ludwig-Maximilians-Universität München die „Weiße Rose Gedächtnisvorlesung“ statt – in Erinnerung an die Mitglieder der Widerstandsgruppe um Hans und Sophie Scholl, Alexander Schmorell, Christoph Probst und Willi Graf, die 1943 vom Volksgerichtshof zum Tode verurteilt und hingerichtet wurden. Als Redner der diesjährigen Veranstaltung am 31. Januar war der Regisseur und Drehbuchautor Michael Verhoeven geladen, dessen Spielfilm Die Weiße Rose (1982) den Widerstandskämpfern gegen den Nationalsozialismus ein Denkmal setzte und bis heute weltweit gezeigt wird.

Verhoeven trat mit vielen Handzetteln ans Rednerpult des gut besuchten Hörsaals. Dass er sich intensiv mit der „Weißen Rose“ und deren Vermächtnis befasst hatte, machte die knapp 90-minütige Vorlesung mehr als deutlich. Nach einem kurzen biografischen Einstieg (mit Verweis auf die eigene Kindheit im Nachkriegsdeutschland, das sich mit der Aufarbeitung der NS-Zeit zunächst so schwertat) frischte er vor allem das Wissen über die Widerstandsgruppe auf, porträtierte der Reihe nach ihre zentralen Protagonisten, zitierte ausführlich aus den berühmten Flugblättern sowie aus den Vernehmungsprotokollen und kommentierte das Ganze kenntnisreich.

Für Film & Gesellschaft relevant war vor allem Verhoevens Bericht von der eigenen Filmarbeit. Die ab Ende der 1970er Jahre intensivierte Recherche zu Die Weiße Rose habe sich anfangs alles andere als einfach erwiesen: Die Akten waren nicht zugänglich, die Nachfahren reagierten skeptisch bis ablehnend und auch die Politik signalisierte keinerlei Unterstützung („Mein Film war unerwünscht“). Für sein Vorhaben gewinnen konnte der Filmemacher schließlich Inge Aicher-Scholl und insbesondere Anneliese Knoop-Graf, sodass es ihm dann doch noch möglich war, privates Material zu sichten und Zeitzeugengespräche zu führen. Das Ergebnis: eine filmische Umsetzung, die den Flugblätter-Abwurf am 18. Februar 1943 im Hauptgebäude der LMU nicht in erster Linie als Fanal zum Widerstand darstellte, wie es der landläufigen Meinung entsprach, sondern als Kurzschlusshandlung bzw. als „Panne“. Außerdem sei es Verhoeven wichtig gewesen, die Angehörigen der „Weißen Rose“ als ganz typische junge Studierende darzustellen (musik- und tanzbegeistert, mit Liebschaften und Eifersüchten). Sie seien nicht von vornherein „Helden“ gewesen, hätten dann aber „heldenhaft gehandelt“. Stolz macht den Filmemacher, dass sein Hinweis im Abspann des Films nach eigener Aussage mitverantwortlich dafür war, die Urteile des Volksgerichtshofs durch ein Gesetz zur Aufhebung nationalsozialistischer Unrechtsurteile in der Strafrechtspflege im Jahr 1998 endgültig nichtig zu machen. Applaus im Auditorium.

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