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Laufende Bilder aus kommunikationswissenschaftlicher Perspektive

Rezension am 15. September 2016

Für die Buchreihe „Medienwissen kompakt“ erstellt Elizabeth Prommer eine kurze, aber gleichwohl aufschlussreiche Zusammenschau dessen, was Film und Kino für die Kommunikationswissenschaft ausmachen. Eine lohnende Lektüre für Einsteiger ins Forschungsfeld.

 

Elizabeth Prommer: Film und Kino. Die Faszination der laufenden Bilder. Wiesbaden: Springer VS 2016. (Reihe „Medienwissen kompakt“, herausgegeben von Klaus Beck und Gunter Reus)

Schön, dass der Gegenstand Kino und Film Eingang in die Reihe „Medienwissen kompakt“ gefunden hat, in der aktuelle Fragen rund um Medien, Kommunikation, Journalismus und Öffentlichkeit für interessierte Laien und Studierende (der Nachbarfächer) leicht verständlich aufbereitet werden sollen. Den Wunsch der Herausgeber nach einer alltagsnahen Darstellung (das heißt auch: möglichst ohne Quellenbelege oder Fußnoten) hat sich die Autorin Elizabeth Prommer natürlich zu Herzen genommen. Auf genau 100 Seiten erhält der Leser eine informative und zugleich kurzweilig aufbereitete Zusammenschau dessen, was Film und Kino aus kommunikationswissenschaftlicher Perspektive ausmachen – gegliedert in sieben Kapitel sowie angereichert mit weiterführenden Lektüretipps und einem Glossar der wichtigsten Begriffe zum Gegenstand.

Zur Ausflaggung der Relevanz einer Beschäftigung mit Film und Kino in der Kommunikationswissenschaft spart Prommer nicht mit Superlativen. Von einer „mythischen Strahlkraft“ und einer „scheinbar überwältigenden Macht der laufenden Bilder“ ist gleich zu Beginn die Rede, welche „Publikum und Wissenschaftler gleichermaßen“ fasziniere (S. 7). Geschuldet mag das auch der Tatsache sein, dass sich die Kommunikationswissenschaft, wie die Autorin wenige Seiten später anmerkt, mit dem Bereich Film und Kino zumindest im deutschsprachigen Raum immer noch schwer tut. Umso wichtiger erscheint die ebenfalls schon in der Einleitung getroffene Feststellung, dass Film und Kino aus der Perspektive des Fachs ein Kommunikations- und ein Massenmedium sind, das seine Bedeutung erst durch die Rezeption erhält und folgerichtig nicht als bloße Kunstform behandelt werden darf. Und diese Grundannahme bildet dann auch die Klammer des gesamten Bandes: Der Abriss über die Filmgeschichte (Kapitel 3) legt den Schwerpunkt auf das Kino als Abspielort und Ort der Filmrezeption (angefangen 1895 bei den Brüdern Skladanowsky im Berliner „Wintergarten“), wobei hier wie auch sonst vor allem auf die Entwicklung in Deutschland und den USA Bezug genommen wird. Die Darlegung der wesentlichen Fakten zur Filmindustrie (Produktionslandschaft, Finanzierung und Förderung, Produktionsprozess, Verleihgeschäft) in Kapitel 4 erfolgt vor dem Spannungsfeld zwischen Kunst und Kommerz sowie zwischen eng budgetierten deutschen Produktionen und kostspieligen Hollywood-Blockbustern. Kapitel 5 widmet sich der Frage, wie man sich dem Inhalt von Filmen annähern kann, und gibt zunächst Einblick in die verschiedenen Richtungen der Filmtheorie (vor allem: Realisten versus Formalisten), ehe das Modell der rezeptionsästhetischen Filmanalyse von Lothar Mikos genauer vorgestellt wird. Daran schließen sich ein Überblick über den Forschungsstand in Sachen Kinonutzung, Kinopublikum und Motive für den Kinobesuch in Deutschland an (Kapitel 6) sowie ein Ausblick auf die Zukunft von Film und Kino in Zeiten der Digitalisierung und des fortschreitenden demografischen Wandels (Kapitel 7). Deutlich wird dabei über alle Kapitel hinweg, wie sehr das Medium Film bestimmten gesellschaftlichen Strukturen unterliegt (sei es in Form technischer Fortschritte, ökonomischer Bedingungen oder wahrgenommener Erwartungen des Publikums). Dass Film und Kino jedoch auch eine gesellschaftsstrukturierende Wirkung entfalten, schimmert dagegen nur ansatzweise hervor. Auch wenn dieser letztgenannte Punkt eine Reihe von Anschlussfragen ermöglichen würde (womit zweifelsfrei der Rahmen des Büchleins gesprengt wäre), regt Film und Kino. Die Faszination der laufenden Bilder dennoch in vielfacher Hinsicht zum Nachdenken an. Darüber hinaus punktet die kompakte Zusammenschau mit hoher Nachvollziehbarkeit, unterhaltsamen Details (Stichwort: Fehler bei der Continuity) sowie bisweilen überraschenden Zahlen aus Forschung und Praxis (um nur ein Beispiel zu nennen: Axel Ranischs Mumblecore-Spielfilm Dicke Mädchen kostete tatsächlich nur 500 Euro). Die Lektüre ist demnach nicht nur für interessierte Laien und Studierende zu empfehlen, sondern für alle, die sich einen schnellen Zugang zur Film- und Kinoforschung aus kommunikationswissenschaftlicher Perspektive wünschen.

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