Werkstatt-Eintrag am 3. Juni 2019
Was für eine Wirklichkeit konstruiert Fack Ju Göhte und wie verhalten sie die dargebotenen Sinn- und Deutungsmuster zum gesamtgesellschaftlichen (Bildungs-)Diskurs? Die explorative Analyse der diskursiven Formationsregeln dieser Schulkomödie ist jetzt druckfrisch im Sammelband Diskursanalyse für die Kommunikationswissenschaft bei Springer VS erschienen.
Auf Basis der Diskurstheorie Foucaults fragt die Fallstudie nach der Wirklichkeitskonstruktion im deutschen Spielfilm Fack Ju Göhte. Der Constantin-Blockbuster von Regisseur Bora Dağtekin verzeichnete in den Jahren 2013/2014 (Teil 1) und 2015/2016 (Teil 2) Rekordpublikumszahlen im Kino. Darüber hinaus steht er für die Filmproduktionskultur in Deutschland, die von wenigen größeren Unternehmen dominiert sowie von Fördereinrichtungen subventioniert wird und deren Output demnach als Ausdruck von Machtverhältnissen sowie als Ergebnis der Auseinandersetzung um legitime Sinnmuster verstanden werden kann. Die explorative Analyse der diskursiven Formationsregeln dieser Schulkomödie zeigt, dass die darin enthaltenen Bild-Text-Verhältnisse in vielfacher Hinsicht an den gesamtgesellschaftlichen (Bildungs-)Diskurs anknüpfen, den gesellschaftlichen Wissensvorrat aber um eine integrative Perspektive ergänzen dürften. Die Ergebnisse legen die Vermutung nahe, dass Fack Ju Göhte auch eine gesellschaftspolitische Dimension aufweist, und geben darüber hinaus einen exemplarischen Hinweis darauf, welche Deutungsangebote heute von einem „Konsensfilm“ gemacht werden, hinter dem mit die mächtigsten Akteure des gegenwärtigen deutschen Filmschaffens stehen.
Thomas Wiedemann: „Zeig PISA die Faust“. Diskursive Wirklichkeitskonstruktion in Fack Ju Göhte. In: Thomas Wiedemann, Christine Lohmeier (Hrsg.): Diskursanalyse für die Kommunikationswissenschaft. Theorie, Vorgehen, Erweiterungen. Wiesbaden: Springer VS 2019, S. 331-353.